Integration an Schulen

Sicherlich kennt ihr als Schüler*innen  die folgende Situation: Ihr werdet von eurer Lehrkraft beauftragt, Aufgaben in Gruppen zu bearbeiten und sollt diese Gruppen selbst bilden. Alle anderen Mitschüler waren viel schneller und haben direkt Gruppen bilden können, aber ihr bleibt alleine zurück. Für eine*n Schüler*in, der schon immer eine deutsche Schule besucht hat, stellen die Suche und die Bildung von Gruppen in den meisten Fällen kein Problem dar. Für Migrant*innen, die erst seit einigen Jahren in Deutschland leben, können solche Kleinigkeiten bereits große Schwierigkeiten erzeugen. Warum Integration demnach noch so ein großes Problem sein kann
beziehungsweise was es noch für Probleme gibt und was man vielleicht tun kann, um diese Probleme vorzubeugen, erfahrt ihr im folgenden Artikel. 

Integration ist ein immer fortlaufender Prozess, der einem in fast allen Lebensbereichen begegnet, so auch in Schulen. Um die Integration an Schulen genauer untersuchen zu können und um direkte Einblicke in das Leben von Menschen zu bekommen, die davon besonders betroffen
sind, habe ich im Rahmen meiner Facharbeit eine Umfrage durchgeführt. Bei den Umfragen habe ich mich nicht auf spezielle Schulformen oder Schüler*innen eines  bestimmten Alters fokussiert, um
möglichst viele verschiedene  Eindrücke bereitstellen zu können.
Insgesamt haben sich Schüler*innen aus den Jahrgängen 6, sowie 8-12 zu diesem Thema ausgesprochen und aus ihren persönlichen Erfahrungen sehr ähnliche Schwierigkeiten aufgelistet. Da sich allerdings das Thema meiner Facharbeit auf den Landkreis Leer bezog, besuchen auch alle, an der Umfrage teilnehmenden Schüler*innen, Leeraner Schulen. Dieser Artikel bezieht sich demnach auf Recherchen, die innerhalb meiner Facharbeit erarbeitet wurden.

Was verstehen die Schüler unter Integration?

Anhand der Beantwortung der ersten Frage, die sich darauf bezieht, wie die Schüler*innen mit Migrationshintergrund Integration definieren, sind zwei Anhaltspunkte deutlich geworden, die nahezu in allen Antworten wiederzuerkennen waren. Zum einen definieren die Befragten den Begriff
Integration oftmals mit Anpassung an das Aufenthaltsland. So ist für viele das Erlernen beziehungsweise das Beherrschen der Landessprache eine wichtige Voraussetzung zur Integration. Zum anderen richten sie ihren Blickpunkt ebenfalls auf die Anpassung an das bereits bestehende System mit Einbezug auf die Einhaltung bestehender Gesetze, Werte und Normen sowie auch
die Geschichte und die Traditionen des Landes. Besondere Festtage wie Weihnachten oder Ostern sollten sie ihnen zufolge kennen und allgemein„[o]ffen für die neue Kultur sein, aber trotzdem .. [die] eigene Kultur und [die] eigenen Traditionen nicht vergessen“. Abgesehen davon berücksichtigen sie ebenfalls die Gefühlsebene der Migranten. Dabei fiel auf, dass vor allem der Respekt untereinander als besonders wichtiger Punkt angesehen wurde. Dabei reduzieren sie sich nicht nur auf das Verhalten der Migranten, sondern forderen ganz allgemein dazu auf, sein Gegenüber zu akzeptieren und ihm mit Respekt entgegenzutreten und ihn so gut es geht in die
Gesellschaft einzubinden.

Selbstreflexion der Schüler*innen mit Migrationshintergrund

Neben der Verständnisfrage des BegriffesIntegration habe ich ebenfalls nach einer Selbstreflektion gefragt. Dies dient vor allem zur Veranschaulichung der Einflussnahme eines*r Einzelnen, soll
aber auch die Sicht der von der Integration betroffenen Schüler*innen zeigen und mögliche Schwierigkeiten darlegen. Zu Beginn sollen die Befragten für sich reflektieren, ob sie sich in ihrer Schule einerseits von ihren Mitschüler*innen und andererseits von ihren Lehrer*innen gleichberechtigt behandelt fühlen. Dabei sollen sie einen besonderen Fokus darauf setzten, ob es einen Unterschied im Umgang mit ihnen und zu Schüler*innen ohne Migrationshintergrund gibt und ob diese Differenzierung auch bei ihren Lehrer*innen festzustellen ist. Es stellt sich heraus, dass die Mehrheit der Befragten einer Gleichberechtigung in Bezug auf den Umgang feststellen und für sie überwiegend keine Unterschiede im Umgang ersichtlich werden. Nichtsdestotrotz ergeben sich aus den Antworten ebenfalls noch bestehende Probleme, wobei der Umgang mit den Lehrer*innen die größere Schwierigkeit darzustellen scheint.  Es fällt auf, dass für einige Schüler*innen mit Migrationshintergrund Rassismus Teil ihres Alltages ist. So haben sich einige geäußert, sich benachteiligt zu fühlen, da sie trotz vollkommener Anpassung auf ihr äußeres Erscheinungsbild reduziert werden würden. Existierende Vorurteile scheinen ihnen demnach immer wieder zu begegnen, zumal die Lehrer*innen die Kompetenzen ihrer Schüler*innen mit Migrationshintergrund oftmals falsch einschätzten und davon ausgängen, dass sie ihren Unterricht nicht folgen könnten. Daraus resultiere, dass sich auch die Schüler*innen bei der Benotung benachteiligt und nicht ernstgenommen fühle. Dies scheint so weit zu gehen, dass von einigen Lehrer*innen davon ausgegangen werde, dass ihre Schüler*innen mit Migrationshintergrund zu Hause schlecht behandelt werden würden. Außerdem scheinen sie gelegentlich Unwissenheit/Ignoranz gegenüber der ethnischen Herkunft zu vermitteln. Nichtsdestotrotz treten vereinzelt auch Unterschiede im Umgang mit ihren Mitschüler*innen auf. So stellt das bereits erwähnte Beispiel der Gruppenarbeit ein immer wieder vorkommendes Problem dar. In der folgenden Fragestellung wurde in diesem Zusammenhang ebenfalls deutlich, dass das Gefühl von Ausgeschlossenheit bei einigen sehr stark ausgeprägt ist, da sie sich von ihren Mitschüler*innen ohne Migrationshintergrund vorzugsweise gemieden fühlen.

Wie beeinflusst Integration ihren Alltag?

Die Sustainable Development Goals (SDGs), die für meine Facharbeit besonders relevant waren, waren das SDG 4 und das SDG 16. Diese Ziele der Agenda 2030 fokussieren sich zum einen auf die Gewährleistung gleichberechtigter und hochwertiger Bildung und die Möglichkeit lebenslangen
Lernens für alle und zum anderen auf die allgemeine Rechtsstaatlichkeit (vgl. Welthaus Bielefeld e.V. in Kooperation mit anderen Nichtregierungsorganisationen 2016: S.6+16). Da hier vor allem die Bildungsgerechtigkeit im Vordergrund steht, bezieht sich auch ein Teil der Umfrage auf genau diesen Anhaltspunkt. Anhand der genaueren Fragestellung zu ihrem Privatleben sollte
überprüft werden, wie die Grundvoraussetzungen der Schüler*innen mit
Migrationshintergrund sind und ob bereits im privaten Haushalt Schwierigkeiten aufkommen.  Das Resultat zeigt allerdings, dass es den meisten Schüler*innen mit Migrationshintergrund nicht an Unterstützung von zu Hause fehlt beziehungsweise dass diejenigen, die keinerlei Unterstützung erhalten, grundsätzlich keine Schwierigkeiten in der Schule haben. Auf die Frage, ob beziehungsweise inwiefern die Integration ihren Schul-Alltag beeinflusst, sind wiederum enorme Probleme deutlich geworden. Es stellt sich heraus, dass einige Schüler*innen mit Migrationshintergrund den Eindruck haben, dass genauer auf ihre Verhaltensweisen geachtet werde und dass bei ihnen bewusst nach Fehlern gesucht werde, obwohl ihre Mitschüler*innen wohlmöglich genau dasselbe machen. Allgemein präge Integration jedoch den Alltag der neu zugewanderten Schüler*innen, wobei vor allem die Kommunikation und die Anpassung an eine für sie neue und ungewöhnliche Kultur Schwierigkeiten darzustellen scheinen.


Schlussendlich wird deutlich, dass der Migrationshintergrund von Schüler*innen oftmals nicht nur als Unterscheidungsmerkmal, sondern zunehmend als Defizit wahrgenommen wird. So wird auch anhand der durchgeführten Umfrage ersichtlich, dass sich eine Vielzahl der Befragten nach wie vor benachteiligt fühlen und dass man ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Kompetenzen und Stärken nicht gerecht werde. Da ich euch allerdings nicht nur die Probleme selbst näherbringen möchte, sondern euch natürlich auch Vorschläge zur Verbesserung näherbringen will, findet ihr in
einem weiteren Artikel Lösungsvorschläge zur Verbesserung. Falls ihr in dem Sinne noch interessiert daran seid, selbst etwas in eurer Schule zu verändern, dann schaut gerne über diesen Link bei dem anderen Artikel vorbei!

Quelle: Kaya, Bildungsgerechtigkeit in Leer? Eine Untersuchung zur Wahrnehmung der Chancengleichheit von Kindern mit Migrationshintergrund an Leeraner Schulen, 2021

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